Italien: Humanisten starten Kampagne „Gut ohne Gott“

3 mal 6 Meter groß sind die Plakate, die aktuell in zahlreichen italienischen Städten Werbung für Humanismus und Glaubensfreiheit machen | Foto: UAAR
Laut Aussagen der italienischen Kirche sind 96 Prozent aller 60,5 Millionen Italiener gutgläubige Katholiken und besuchen die sonntägliche Messe. Die italienischen Humanisten (Union der Atheisten, Agnostiker und Rationalisten – UAAR) haben nun eine Kampagne gestartet, um diesem Mythos einige Wirklichkeiten entgegenzusetzen. Denn aktuellen Schätzungen zufolge leben mehr als zehn Millionen Italiener gut ohne Gott. In mehreren italienischen Städten wurden Plakate mit der Aufschrift „10 Millionen Italiener leben gut ohne D“ gehängt, wobei D für Dio (ital. Gott) steht. Auf dem Plakat steht Dio, es bleibt io (ital. ich) stehen
Das Plakat weist zugleich auf die Interessensvertretung von Konfessionsfreien durch die UAAR hin. Viele der Nichtgläubigen hätten das Gefühl, dass sie allein sind und wüssten nicht, dass sie in der UAAR einen Fürsprecher haben. „Italien ist nicht wirklich ein säkularer Staat“, heißt es in der Pressemitteilung der italienischen Humanisten. Die Kirche habe einen großen politischen Einfluss und die normale soziale Haltung sei stark an die religiösen Traditionen angepasst.
Darüber hinaus seien Nicht-Gläubige immer wieder Dämonisierung und Vorurteilen ausgesetzt. Ihre Einstellung werde oftmals mit dem Fehlen von Menschlichkeit und Empathie oder einem mangelnden Sinn für Ethik gleichgesetzt. Im ländlichen Bereich herrschen vor allem stark negativ besetzte Assoziationen vor. Dort werde Atheismus mit Egoismus und Bösartigkeit verbunden. Die Kampagne will nun deutlich machen, dass Atheisten und Agnostiker ein fester Bestandteil der italienischen Gesellschaft sind und ein erfülltes Leben führen können.
Mit der erst in Mailand und Bologna gestarteten und inzwischen in zahlreichen Städten gehängten Plakate der Kampagne sollen Humanisten, Konfessionsfreie und Nichtgläubige sowie deren Anliegen und Rechte im Land sichtbar gemacht werden, um so zugleich ihr Selbstvertrauen in die eigene Haltung zu stärken. So soll künftigen Diskriminierungen vorgebeugt werden.
Mit ihrer letzten Plakatkampagne der italienischen Humanisten Ende 2011 forderte die UAAR ein Ende der staatlichen Kirchenfinanzierung. Zuletzt war dies auch Thema im Rahmen der Überschuldungsdebatte des italienischen Haushalts.
Im Oktober 2012 hatte die UAAR den italienischen Außenminister Gulio Terzi heftig kritisiert, nachdem dieser die Publikation von Mohammed-Karikaturen durch das französische Satiremagazin Charlie Hebdo angegriffen hatte. „Wir laden Sie herzlich ein, die Verfassung zu respektieren, auf die Sie Ihren Amtseid geleistet haben“, hieß es damals in der Erklärung.